Bildstöcke
Die 7 Fußfälle in Leversbach
In Leversbach, wie in den meisten Eifeldörfern, waren die Menschen seit früheren Zeiten stark im katholischen Glauben verwurzelt; ebenso gab es eine lange Tradition des regionalen Steinmetz-Handwerks.
Beides verbindet sich im „Gang zu den sieben Fußfällen“, einer Stationen – Andacht, die in der Barockzeit (17. Jh.) entstanden ist und mit der des Leidens Jesu Christi gedacht wurde. Es ist eine Frühform des Kreuzwegs. Seinen Namen erhielt der Bittgang von dem Brauch, an den Stationen jeweils niederzuknien.
Die Stationen waren durch Steine oder Kapellen gekennzeichnet. Es wurde ein Bittgang durch die Dorfstraßen oder die Felder praktiziert, wobei an den 7 Heiligen-häuschen, den sog. Fußfällen, jeweils einer Station des Leidensweges Christi in Jerusalem betend gedacht wurde.
Die Andachtsform wurde im 17. Jahrhundert von den Jesuiten im Rahmen ihrer Wallfahrten gefördert. Durch die verbreiteten Gebetbücher des Kapuziners Martin von Cochem wurden die sieben Fußfälle zur beliebten Volksandacht, vor allem im Rheinland. Vergleichbare Andachtsformen waren auch Stationenwege zu den „Sieben Schmerzen Mariens“, wie in Leversbach praktiziert.
Der zurückgelegte Weg war naturgemäß von Dorf zu Dorf verschieden. Unterwegs wurde der schmerzhafte Rosenkranz und vor jeder Station ein Vaterunser gebetet, vor Kreuzen insbesondere das Gebet zum Gedächtnis der fünf Wunden Christi.
Vor allem als Sterbebrauch war der Gang zu den sieben Fußfällen verbreitet: Meist beteten auf diese Weise sieben Jungfrauen / Mädchen aus der Nachbarschaft vor einem Begräbnis für das Seelenheil des im Sterbehaus aufgebahrten Verstorbenen. Nach dem Bittgang gab es für die Betenden eine kleine Anerkennung im Trauerhaus. Eine andere Variante des Brauches ist, dass man die sieben Fußfälle betete, während jemand im Sterben lag. Damit sollte dem Kranken der Tod erleichtert werden. Besonders an den Freitagen der Fastenzeit wurden die sieben Fußfälle gegangen.
Noch bis in die 1950er/60er – Jahre wurde bei einem Sterbefall im Ort in einer kleinen Prozession von 7 Mädchen des Dorfes an diesen Fußfällen der Rosenkranz gebetet.
Zwischen 1782 und 1786 ließ der Witwer Degenhart Schroeder rund um Leversbach 7 Bildstöcke zu Ehren der sieben Schmerzen Mariens erbauen. Nach überlieferten Erzählungen war eines seiner Kinder schwer erkrankt. Er legte ein Gelübde ab, dass er eine gute Tat vollbringen werde, wenn das Kind wieder gesund würde. Das Kind wurde gesund und Degenhart Schröder ließ die 7 Bildstöcke – genannt Fußfälle – zum Dank und zur Ehre Gottes rund um Leversbach errichten. Er beauftragte den Steinmetz Kotzbauer damit, alle Bildstöcke aus Bruchstein (gebrochener Sandstein) zu erbauen.
Die Familie Müller kam ursprünglich aus Hürtgen. Im 18. Jahrhundert bauten sich die Müllers im Leversbacher Oberdorf ein Fachwerkhaus und zogen dann dort ein. Sie hatten 6 Kinder. Der Vater Wilhelm Müller war Wegebauer und ihm gehörte in Hürtgen ein Steinbruch. In diesem Steinbruch sollen die Bruchsteine gebrochen worden sein, mit denen die Bildstöcke in Leversbach gebaut wurden. (Chronik Willi Floß, 2012)
Die Bildstöcke wurden im 2. Weltkrieg beschädigt. Teilweise wurden sie restauriert; zwei wurden so stark zerstört, dass sie nicht mehr hergestellt werden konnten. Beide wurden 2001 in fachmännischer Steinmetzarbeit von Josef Klein in der Nähe des ursprünglichen Standortes neu erbaut. Die Dorfgemeinschaft bzw. die ortsansässigen Vereine gewährleisteten in tatkräftiger Eigenleistung und mit finanzieller Unterstützung großzügiger Spender den Wiederaufbau der beiden Bildstöcke, die 2001 durch Pfarrer Dörenkamp in feierlicher Zeremonie eingeweiht wurden.
Vier der sieben Bildstöcke wurden unter Denkmalschutz gestellt:
Denkmalnummer 72
Bildstock des 18. Jh.; aus Buntsandstein, stark restauriert, pfeilerförmiger Aufbau mit profiliertem Rand, Sockel mit Gesims, mittlerem, verkröpftem Gesims, im oberen Teil kleine Nische mit apsidialem Abschluss, begleitet von Rocaillenschmuck, darüber der kreuzestragende Christus mit umrankender Dornenkrone, im Oberteil als Abschluss halbrunder Sprenggiebel mit Wappen und Fürstenhut, Inschrift im Sockel stark verwittert, teilweise durch Restaurierung verwischt.
Bildstock an der Kirche
St. Albertus Magnus
Denkmalnummer 37
Nähe Friedhof, am Wirtschaftsweg, Flur Oberste Rötsch
18. Jh.; ca. 2,50 m hoher Bildstock aus Sandstein mit profiliertem Sockel, profiliertem Zwischengesims, dachförmigem Aufbau, stichbogiger Rechtecknische mit Falz; Inschrift auf dem rechten Sturzstein stark verwittert, linker Sturzstein und Teile des Daches erneuert.
Bildstock Richtung Üdingen
Nähe Friedhof
Denkmalnummer 35
Bildstock aus Sandstein, inschriftliche Datierung 1782, Bildstock mit Sockelgesims, Zwischengesims, Rechtecknische mit Segmentsturz; Pyramidendach mit eingearbeitetem Kreuz und Inschrift:
ANNO 1782 DEN 15. NOVEMBER HAT EIN EHRSAHMER WITTMANN DEGENHART SCHROEDER DIESEN FUSFALL ZU EHREN DER SIEBEN FUSFÄLLE ERRICHTEN LASSEN
Bildstock Hinter dem Hof Ecke Bleigraben
Denkmalnummer 36
Datierung lt. Inschrift 1782; Bildstock aus Sandstein mit neuem Betonsockel, mittlerem Gesims, pyramidenförmigem Dach, segmentbogiger Rechtecknische mit stark verwitterter, originaler Christusdarstellung im Relief der Nischenrückwand, darüber Stifterinschrift und Kreuz sowie Datierung:
ANNO 1782 DEN 9. JULI HAT EIN EHRSAMER WITTMANN DEGENHART SCHROEDER DIESEN FUSFALL ZU EHREN GOTTES ERRICHTEN LASSEN
Bildstock Titzgarten
Ecke Wirtschaftsweg nach Üdingen
Bildstock im Unterdorf
Am Leversbach 1
Im Wandel der Zeit
2021 – 1949 – 1926
Foto: Margret Lauscher 2021
Foto-Repro: Willi Floß 1989
Sieben junge Frauen am Fußfall im Unterdorf 1949: v.l.n.r. Mina Proenen, Klara Klein, Lena Klein, Wilhelmine Klein, Maria Klein, Maria Esser und Albertine Boltersdorf
Foto: Eduard Esser 1926
Therese Dick, auf dem Arm Karl Dick und Franz Dick
Bildstock Richtung Boich
(2001 neu erbaut)
Willi Floß schreibt dazu in seiner Chronik:
„Am 09.12.2001 weihte Pfarrer Gerd Dörenkamp einen neuen Bildstock ein, der in der Gemarkung (am hohen Reeg) steht genau gegenüber dem alten Standort. Der alte Bildstock wurde hier hingesetzt, weil hier früher eine markante Stelle war. An dieser Stelle kreuzen sich nämlich die Wege, die nach Boich, Leversbach, Rath und nach Üdingen führen. Es war ein Weg, den die Rather benutzten, um ins Rurtal zu Fuß zu gelangen, um dort die Arbeitsstelle zu erreichen. Erst als die Eisenbahnstecke (Düren – Heimbach) 1903 fertig gestellt war, konnte man auch ab Üdingen mit dem Zug zur Arbeitsstelle gelangen.
Dieser Weg war auch der Hauptweg, der für die Leversbacher am Bildstock links abbog und in Üdingen an der Kirche endete. Man nannte ihn auch den Fuhr- oder Hohlweg. Die heutige Wegstrecke von Leversbach nach Üdingen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden.“
Der alte Bildstock wurde im 2. Weltkrieg zerstört.
Der neue Bildstock fällt leider in den letzten Jahren immer wieder Vandalismus zum Opfer.
Bildstock am Parkplatz im Oberdorf
(2001 neu erbaut)
Im Hintergrund sieht man den alten Bildstock an der Gaststätte Grötzinger, im Vordergrund Maria Strauch Kirmesmontag ca. 1936.
Foto-Repro: Willi Floß
1987
Quellen (Bild und Text):
- Die ersten 4 Bildstöcke: Denkmalliste der Gemeinde Kreuzau – www.limburg-bernd.de
- Beitrag im Amtsblatt für die Gemeinde Kreuzau, Juni 2006, S. 6 / 7: Die sieben „Fußfälle“ in Leversbach
- In der Eifel, Fotografien von Heinrich Pieroth aus den 1920er bis 1950er Jahren, Hrsg. vom Rheinischen Bildarchiv Köln, S.87;
- Leversbach in Bild und Text – Chronik von Willi Floß, Leversbach 1987.
- Wikipedia – Sieben Fußfälle, Herkunft und Brauchtum